1. Einleitung: „Aufklärung“, Licht Und Wissen

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11. Einleitung: „Aufklärung“, Licht und WissenAufklärung ist sprachlich gesehen eine Metapher des Lichts: Wo Dunkel herrscht, sollLicht werden, aber nicht einfach das Licht eines Tages, dem die Nacht - neues Dunkel - folgt,sondern dauerhaftes Licht, das in seiner Helligkeit zunimmt und doch nicht blendet. Einsolcher Zustand ist in der Natur unmöglich, gleissendes Licht ist den Augen unerträglich, manmüsste sie schliessen und hätte dann keinen Lichteindruck mehr. Geschlossene Augen gebendas Gleichmass des Dunkels vor, und wer die Augen öffnet, kann nicht beliebig Helligkeitertragen. Soll aber „Aufklärung“ als fortschreitender Prozess der Bildung verstanden werden,dann muss das Licht zunehmen, also die Helligkeit sich vergrössern, ohne eineSättigungsgrenze beachten zu müssen. Diese Irritation verweist darauf, dass die Metaphernicht natürlich verstanden werden kann. Das „Licht“ der Aufklärung ist nicht einfach dasLicht der menschlichen Sinne.Der Begriff „Aufklärung“ wird also im übertragenen Sinne gebraucht. In KASPAR VONSTIELERS Teutschem Sprachschatz von 16911 taucht vermutlich erstmalig im deutschenSprachraum die Verbindung „Aufklärung des Verstandes“ auf, die seitdem dasAssoziationsfeld beherrscht.2 Die Überwindung von Ignoranz und in diesem Sinne dieErleuchtung des Denkens kann wie ein fortschreitender, unbegrenzter Prozess vorgestelltwerden, der keine natürlichen Schranken wie die von Tag und Nacht oder von Helligkeit undDunkelheit beachten muss. Der Verstand kann nur dann aufgeklärt werden, wennUnwissenheit vorausgesetzt wird, und das ist immer möglich. Der Prozess wäre ohne eigeneGrenzen, weil er mit jeder neuen Generation neu beginnen und zugleich unendlichen Zuwachsbehaupten kann. Die „Aufklärung” des Verstandes und der Gebrauch der Vernunft werden sozu Daueraufgaben, mit der sich Postulate der Bildung und Erziehung verbinden lassen.1791 kommentierte der berühmte Illustrator und Kupferstecher DANIEL CHODOWIECKIfür CHRISTOPH LICHTENBERGS Göttinger Taschen-Kalender - einem der grossen Journale derAufklärung in Deutschland - „sechs grosse Begebenheiten des vorletzten Decenniums”,3darunter die Aufklärung, die verstanden wird, als sei sie das Ereignis eines Jahrzehnts.4 Man1234KASPAR VON STIELER (1632-1707) war Schriftsteller und Sprachforscher, der im Hauptamt als Sekretär undAmtmann in den Diensten thüringischer Fürsten stand. Er verfasste in diesen Tätigkeiten auch verschiedeneVerwaltungshandbücher („Teutsche Sekretariatskunst“, 1673). Sein Hauptwerk ist eineWortschatzsammlung, die aufschlussreich ist für den Begriffsgebrauch der Frühaufklärung in Deutschland(„Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs,“ 1691).Adjektivverwendungen gibt es schon vorher, das französische éclairé wird etwa von LEIBNIZ verwendet undgelegentlich mit „aufgeklärt“ übersetzt. In Frankreich ist es seit dem 17. Jahrhundert üblich, auch profaneVerwendungen des lumen naturale zuzulassen.Die sechs Blätter erschienen im „Göttinger Taschen-Calender“ von 1792. GEORG CHRISTOPH LICHTENBERG(1742-1799), der 1775 in Göttingen ordentlicher Professor für Physik wurde, gab von 1777 bis 1799 den„Göttinger Taschen-Calender“ heraus, der zu den zentralen Medien öffentlicher Bildung im 18. Jahrhundertin Deutschland zu zählen ist (OELKERS 1999). DANIEL CHODOWIECKI (1726-1801) war einer dereinflussreichsten Illustratoren und Kupferstecher im 18. Jahrhundert in Deutschland. 1769 bis 1774illustrierte er BASEDOWS „Elementarwerk,“ 1770 LESSINGS „Minna von Barnhelm,“ später auch ROUSSEAUS„Nouvelle Héloise“ und andere Schlüsseltexte der europäischen Aufklärung. CHODOWIECKI wurde 1786Direktor der Preussischen Akademie der Künste, deren Mitglied er seit 1764 gewesen war (Daten nach:Georg Christoph Lichtenberg 1992; DEHNERT 1977).Daneben sieht man etwa eine Darstellung des „Fürstenbundes” (1785). FRIEDRICH II. verband sich mitdeutschen Reichsfürsten gegen den österreichischen Kaiser Joseph II., um dessen Plan zu vereiteln, Bayerngegen die österreichischen Niederlande einzutauschen. Oder man sieht den „Tod Friedrichs des Grossen”(1786) und die „neue französische Constitution” (1791) (DEHNERT 1977, Abb. 61-64).

2sieht hier oder soll sehen, wie die Sonne der Vernunft endlich aufgeht und die Welt gleichsamim Morgenlicht erleuchtet. Die Nacht des Dunkels oder der Barbarei ist vorüber, nunmehrwird die Welt licht und hell, ohne dass die Nacht zurückkommen kann oder darf. Es gibtdabei nur einen Weg, und der führt der Sonne entgegen, wobei deren eigene Bewegung nichtmitgedacht werden darf. Man sieht eine Momentaufnahme, der Weg führt nicht unter dersteigenden Sonne hindurch, das würde eine Annäherung an die Nacht bedeuten, sondern erführt ihr entgegen, ohne dass sie steigt und dann wieder, für die Wahrnehmung der Menschen,fällt. Die Vernunft ist greifbar nahe, und sie ist unhintergehbar, ihrem Licht ist jedermannausgesetzt, es ist, wie das der Sonne, unwiderstehlich, ohne - paradoxerweise - „Licht“ sein zukönnen.Der natürliche Vorgang widerspricht dieser Behauptung, weder gibt es andauerndesLicht noch Licht, das unbegrenzt immer heller wird. Eine solche Metaphorik ist seit derAntike (BULTMANN 1948) für die Dimension jenseits der menschlichen Vernunft reserviert,für den Geist oder die göttlichen Ideen, die die Vernunft nicht erreicht, von denen sie aber aufewig abhängig ist. „Erleuchtung,“ die Metapher der christlichen Offenbarung,5 hatplatonische Wurzeln (STENZEL 1927): Im Höhlengleichnis in PLATONS Politeia erhebt sichdie Seele zu den Ideen und empfängt über die Sonne deren Licht, ohne über die Ideen selbstbestimmen zu können. Sie sind, wie später der christliche Gott, die Ursache der Wahrheit oderderen Ausdruck, über die Sterbliche nicht verfügen. Anders wäre Ewigkeit - die Abwesenheitvon Zeit - nicht vorstellbar: Die Wahrheit ist unabhängig vom Licht, das sie erleuchtet; sietritt mit dem Licht oder als Licht in die Zeit ein, aber wird selbst davon nicht tangiert.Aufklärung wäre keine „Begebenheit“ des „vorletzten Decenniums,“ genauer: keineBesonderheit des 18. Jahrhunderts, würde CHODOWIECKIS Darstellung diesen Schlusserlauben. Hier soll man sehen, dass etwas Neues begonnen hat, die Sonne der Vernunftleuchtet so über die Welt, wie zuvor noch nie. Auf der anderen Seite ist die Lichtmetaphorikdes 18. Jahrhunderts deutlich von platonischen Traditionen geprägt (BLUMENBERG 1957), dienicht einfach verschwinden, nur weil ein neues Jahrhundert beginnt. Ohne Rückgriff auf dieseTraditionen der Kunst wie der Sprache könnte nicht von Erleuchtung die Rede sein oder einDunkel vorausgesetzt werden, das in einen dauerhaft anderen Zustand versetzt werden soll.Die zentrale Metapher der „Aufklärung“ ist also wesentlich älter als die Epoche selbst.In CHODOWIECKIS Bild bewegt sich die noch langsame Fahrt des menschlichenGeistes auf die Sonne zu, die gerade erst begonnen hat, die Welt zu erleuchten. Man soll dieneue Epoche des Lichts sehen, während doch „Licht“ immer schon als Aufgang der Wahrheitbehauptet wurde, der Wissende oder Gläubige entgegengeführt werden sollten. AlleReligionen und alle Weltanschauungen behaupten, gerade sie seien die Erleuchtung derWahrheit oder, noch stärker, die Wahrheit als Erleuchtung - Was also macht die Besonderheitder Epoche der „Aufklärung“ aus, falls es eine solche Besonderheit überhaupt gibt? Die Frageist nicht künstlich gestellt. Neuere Studien etwa über den Einfluss der Antike in der bildendenKunst im 18. Jahrhundert (MAGNIEN 2004) legen den Schluss nahe, eher von Kontinuitätenals von entschiedenen Brüchen auszugeben und so mit der Konstruktion von „neuen“Epochen vorsichtig zu sein.Epochen müssen sich signifikant von Vorgängern unterscheiden, nämlich Änderungeneingeführt oder bestärkt haben, die zuvor nicht oder nur schwach vorhanden waren. Epochen5Die Übersetzung der platonischen Lichtmetapher in das christliche Bekenntnis geht auf AUGUSTINUS zurück:Gott ist lucifica lux, der Mensch ist „nicht Licht, sondern nur Leuchte, die am Licht entzündet wird“(BLUMENBERG 1957, S. 440).

3müssen im diesem Sinne ebenso besonders wie einmalig sein, und sie müssen in irgendeinerNachhaltigkeit entfalten. Schaut man in die Lexika und Wörterbücher oder auch ins Internet,6dann werden mit der Epoche der „Aufklärung“ hohe und noble Assoziationen verknüpft, dieauf ihre Einzigartigkeit verweisen sollen, etwa ionalitätund Freiheit.Aber es gibt keine Kulturepoche, die mit diesen Assoziationen nicht auch beschreibbarwäre. Man könnte mit der Liste antike von moderner Vernunft unterscheiden,die Öffentlichkeit der Salons des 18. Jahrhunderts von der Öffentlichkeit in derrömischen Republik,die religiöse Toleranz der Aufklärung von der Toleranz in derGelehrtenrepublik des antiken Alexandriensoder die Wissenschaft Athens von der Wissenschaft der Royal Society inLondon,ohne allein damit „Epochen“ bestimmen zu können, sofern die Differenz zwischen denEpochen mit irgendeiner Form von Über- und Unterlegenheit begründet werden soll.Soll Aufklärung eine eigene Epoche gewesen sein, dann muss sie eine besondereForm von „Erleuchtung“ ausgezeichnet haben, etwas, das es zuvor nicht oder wenigstensnicht in dieser Zusammensetzung und Richtung gegeben hat. In den Quellen aber erkennt manauf den ersten Blick nur Selbstbehauptungen. Diese Behauptungen sind die bestimmterAutoren, nicht etwa der Epoche selbst. Die Zeitgenossen der Aufklärung hatten ein ganzunterschiedliches Bewusstsein darüber, ob oder dass sie in der „Epoche der Aufklärung“lebten und damit eine bestimmte Besonderheit verbunden sei. Das gilt nicht zuletzt inpädagogischer Hinsicht (OELKERS 2004). Es ist gar nicht so leicht, Texte oder Darstellungenpädagogischer Autoren ausfindig zu machen, die im 18. Jahrhundert behauptet hätten, dieErziehung befände sich in der „Epoche der Aufklärung.“Die Gleichsetzung von Aufklärung nicht mit Erziehung, sondern mit Erleuchtung lässtsich an vielen Beispielen des 18. Jahrhunderts zeigen. Ich wähle zwei sehr gegensätzliche, diedie Breite des Themas verdeutlichen sollen. Das erste Beispiel bezieht sich auf einenpolitischen, das zweite auf einen philosophisch-literarischen Zusammenhang, beide sind derdeutschen Spätaufklärung entnommen; ich wähle diesen Zeitraum, weil dabei die „Epoche“vorausgesetzt werden muss. Sie beginnt nicht, sondern ist fast an ihrem Ende. Oft wird derBeginn der Aufklärung mit der neuen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts in Verbindunggebracht, ohne dabei an ein bestimmtes Datum zu denken. Neue Einsichten über die Gesetzedes Himmels oder die Beschaffenheit des Sauerstoffs haben den intellektuellen Diskurstatsächlich verändert Diskurs tatsächlich verändert, aber mit welchen Folgen? Wie wurde amEnde der Epoche die „Aufklärung“ in Deutschland verstanden?6 Etwa:The European Enlightenment: http://www.wsu.edu/ dee/ENLIGHT/BROWSE.HTM oder InternetModern History Sourcebook: Enlightenment: http://www.fordham.edu/halsall/mod/modsbook10.html

4FRIEDRICH KARL VON MOSERS Zeitschrift Patriotisches Archiv für Deutschland,7 dievon 1784 bis 1790 erschien, also im Jahrzehnt vor der Französischen Revolution,argumentierte gegen den feudalen Despotismus und für ein aufgeklärtes, rationalesStaatswesen, das sich der eigenen Geschichte verpflichtet weiss. MOSER8 agierte alspolitischer Schriftsteller vor allem nach seiner Entlassung (1780) als Minister der GrafschaftHessen-Darmstadt;9 er war während dieser Tätigkeit unmittelbar mit der Herrschaftspraxisdes Ancien Régime konfrontiert gewesen, die im „Patriotischen Archiv“ angegriffen undhistorisch wie politisch kritisiert wurde. Die Zeitschrift war in diesem Sinn ein Organ deröffentlichen Bildung, die sich über Diskussionen in Medien, vor allem Zeitschriften, vollzogund noch nicht schulisch institutionalisiert war. Es gab also Bildung unabhängig vonVerschulung.1790 erschien der letzte Band dieser Zeitschrift. Das Frontispiz zeigt wieder dieaufgehende Sonne, die - „Endlich!“ wie auf dem Deckblatt vermerkt wird - das Landerleuchten und für rationale Verhältnisse sorgen soll. Die Strahlen der Sonne erhellen nochnicht die ganze Landschaft, wohl aber die Herrschaft, deren Anwesen unmittelbar vom Lichtberührt wird. Man kann sich das neue bürgerliche Haus vorstellen, aus dem eine rationaleVerwaltung und so eine nachfeudale Herrschaftsorganisation erwächst. Wenigstens strahlt dieSonne politisch, die neue Zeit ist durch den rationalen Staat definiert, der sich von derFürstenwillkür emanzipiert und Luxus oder persönliche Verschwendung zugunstenökonomischer Investitionen beschränkt. Notwendig dafür ist eine diskutierendeÖffentlichkeit, die sich vom Wahrheitsmonopol des absoluten Herrschers emanzipiert hat undnur noch überzeugenden Argumenten Glauben schenkt, die bestritten werden können und dieeine Erfahrungsbasis haben müssen. Der rationale Staat kennt keine letzte Wahrheit, die dereigenen Praxis vorgelagert wäre.Das zweite Beispiel des Malers und Zeichners JOHANN VEIT SCHNORR VONCAROLSFELD10 stammt aus dem Jahre 1796: Die Zeichnung heisst „Aufklaerung“ und ist fürdie „Sämmtlichen Werke“ von CHRISTOPH MARTIN WIELAND gefertigt worden, die zwischen1794 und 1802 bei GEORG JOACHIM GÖSCHEN - dem deutschenVerleger der Epoche11 - inLeipzig erschienen. „Aufklaerung” hat hier ein Geschlecht, sie ist Sonne und weiblicheSchönheit gleichermassen, ohne dass eine Landschaft oder eine politische Symbolik bemüht7Erschienen sind zwölf Bände, zumeist mit historischen Untersuchungen und Abhandlungen für eine rationaleStaatsverwaltung.8 FRIEDRICH KARL FREIHERR VON MOSER (1723-1798) war als hessischer Beamter und als politischerSchriftsteller tätig. Er agitierte gegen despotische Entscheidungen und Herrschaftsformen an den diversendeutschen Fürstenhöfen, die er mit einem Reichspatriotismus bekämpfte.9 MOSER war zunächst in Hessen-Homburg, später in Hessen-Darmstadt tätig. Die Landgrafschaft HessenHomburg hatte sich 1622 von Hessen-Darmstadt abgetrennt und bestand bis März 1866 (KLEISTS Prinz vonHomburg bezog sich auf den Landgrafen FRIEDRICH VON HOMBURG). Hessen-Darmstadt spaltete sich unterGEORG I. von der älteren Linie Hessen-Kassel und hatte bis 1870 Bestand. MOSER wurde 1780 aus denDarmstädter Diensten entlassen, weil er ein rigoroses Sparprogramm des Staatshaushaltes durchsetzenwollte.10 JOHANN VEIT SCHNORR VON CAROLSFELD (1764-1841) war Direktor der Akademie der bildenden Künste inLeipzig (ab 1816). Zuvor war er in der Akademie als Lehrer tätig. Bekannt geworden ist auch sein LehrbuchUnterricht in der Zeichenkunst (1810).11 GEORG JOACHIM GÖSCHEN (1752-1828) arbeitete zunächst als so genannter Faktor in derGelehrtenbuchhandlung von Dessau und gründete 1785 in Leipzig die G.J. GöschenscheVerlagsbuchhandlung. Der erste grosse Erfolg war die achtbändige Gesammelten Schriften GOETHES (17871790) (vgl. ZÄNKER 1996). Von 1787 unterhielt GÖSCHEN Beziehungen zu WIELAND. Die Quart-Ausgabevon WIELANDS Sämmtlichen Werken in 36 Bänden erforderte die Gründung einer eigenen Buchdruckerei.Diese Ausgabe gilt als erste deutsches Meisterwerk nach Vorlage der französischen Antiqua.

5werden müsste. Die Aufklärung schreitet auf den Betrachter zu, sie ist - wie die Verführung eine unwiderstehliche Gewalt, der man nicht entgehen kann, wenn man ihren Weg kreuzt.Wenn die Vernunft neutral sein soll, dann muss wenigstens die Aufklärung - der Weg desLichts - geschlechtlich gedacht sein, weiblich und so gleichermassen lebensspendend wielichtgebend.Auch das verweist auf ältere Symbolschichten, die aus der christlichen Ikonographiebekannt waren und nun aber einen Funktionswandel erlebten. Man sieht keine Marienikone,auch kein Symbol christlicher Mütterlichkeit, sondern ein Emanzipationsprogramm, dasweiblich kodiert und in einen engen Zusammenhang mit Bildung gebracht wird. Die„Aufklaerung“ in weiblicher Gestalt hält eine griechische Botschaft in Händen undrepräsentiert Erleuchtung. Strahlendes Licht, der Weg aus dem Dunkel heraus, lassen sichoffenbar leichter mit weiblicher als mit männlicher Symbolik darstellen, wenigstens sindweibliche Lichtgestalten häufige Botschaften der Aufklärungsästhetik. Die Personen derAufklärung waren überwiegend männlich, die Symbolik aber weiblich.SCHNORR VON CAROLSFELDS Kupferstich illustrierte den neunundzwanzigsten Bandvon WIELANDS „Sämmtlichen Werken”, der 1797 erschien. Er enthielt einen zentralenKommentar WIELANDS zur Aufklärung, die 1788 zuerst gedruckte12 Abhandlung „Gedankenüber den freyen Gebrauch der Vernunft in Gegenständen des Glaubens“ (S.W. 29, S. 16-132).WIELAND, den NAPOLEON den „deutschen Voltaire“ nannte,13 wuchs in Biberach an der Rissin der Nähe des Bodensees auf. Wie viele der deutschen Intellektuellen des 18. und 19.Jahrhunderts stammte er aus einem Pfarrhaus und wurde zunächst von seinem Vater, spätervon Hauslehrern unterrichtet, ohne eine Elementarschule zu besuchen. WIELAND konnte mitacht Jahren nicht nur lateinische Texte lesen und übersetzen, sondern auch eigene Texteabfassen. Sehr zum Leidwesen seines Vaters versuchte er sich früh als Schriftsteller, was zurLeidenschaft seines Lebens werden sollte.Bildung geht eigene Wege. Statt in der pietistischen Internatsschule Kloster Berge beiMagdeburg, die er als Jugendlicher besuchte, die frommen Werke der Theologie zu lesen,studierte WIELAND die französischen Aufklärer VOLTAIRE, PIERRE BAYLE und FONTENELLE,von dem gleich noch zu reden sein wird. Das blieb nicht ohne Folgen. WIELAND hatte mitsiebzehn Jahre eine unerhörte Affäre, brach gegen den Willen seiner Eltern das Jura-Studiumin Tübingen ab, schrieb 1751 - mit achtzehn Jahren - ein philosophisches Lehrgedicht,14 hattedamit ersten literarischen Erfolg, wollte nur noch von der Schriftstellerei leben und wurdeprompt mittellos. Zum Glück landete er in der Schweiz. Er wurde, nicht ohne eigenesDrängen, Schüler von JOHANN JAKOB BODMER in Zürich.Unter dem Einfluss BODMERS las Wieland die zeitgenössische europäische Literaturund durchlebte zugleich eine Phase mystischer Frömmigkeit. Er schrieb fromme, tugendhafte12Die Abhandlung erschien in einer ersten Fassung in WIELANDS Zeitschrift „Teutscher Merkur,“ und zwar imJanuar und März 1788. Die Zeitschrift - ursprünglich „Der Teutsche Merkur“ - ist von 1773 bis 1790 vonWIELAND ediert worden (später als “Neuer Teutscher Merkur” von KARL AUGUST BÖTTIGER, 1790-1810).Der „Deutsche Merkur“ war das zentrale Periodikum der öffentlichen Bildung in Deutschland und stellte dieerste deutsche Kulturzeitschrift dar (HEINZ 2003). Die Startauflage 1773 betrug 2.500 Exemplare, was einedamals eine unerhörte Zahl war. CHRISTOPH MARTIN WIELAND (1733-1813) kam früh mit derAufklärungsphilosophie in Kontakt, CHRISTIAN WOLFFS Werke studierte er nach seiner Schulzeit und vorseinem Jurastudium in Tübingen und war in seiner Zeit in Weimar (1772-1797) neben HERDER und GOETHEeine der bestimmenden Figuren der deutschen Literatur und Publizistik.13 Gesagt beim Fürstentreffen in Erfurt 1808. NAPOLEON wollte mit WIELAND sprechen.14 Die Natur der Dinge (1751).

6Traktate, und entwickelt erst nach seiner religiösen Krise eine Identität als aufgeklärterSchriftsteller, dessen Vorbilder nicht zufällig zwei englische Autoren wurden, der Earl ofShaftesbury auf der einen, ALEXANDER POPE auf der anderen Seite. Zürich war bei aller hierversammelten Gelehrsamkeit nicht das Zentrum der europäischen Aufklärung, die sich vorallem in London und Paris konzentrierte. Dass VOLTAIRE vor den Toren Genfs wohnte, istdazu kein Widerspruch, Paris war für Aufklärer immer auch gefährlich. WIELAND wareigenständig genug, sich nach zwei Jahren Zürich - 1754 - von BODMER zu lösen und eigenesGeld als Hauslehrer zu verdienen. 1758 ging er nach Bern und kehrte 1760 nach Biberachzurück. Hier hatte er eine leidenschaftliche, aber unglückliche Affäre, heiratete dann standesund pflichtgemäss und erzielte als Schriftsteller grösste Erfolge.1766 veröffentlichte er denersten bedeutenden Bildungsroman in deutscher Sprache,15 der zugleich einen Diskurs überDemokratie darstellte, in Deutschland zu diesem Zeitpunkt eine

erlauben. Hier soll man sehen, dass etwas Neues begonnen hat, die Sonne der Vernunft leuchtet so über die Welt, wie zuvor noch nie. Auf der anderen Seite ist die Lichtmetaphorik des 18. Jahrhunderts deutlich von platonischen Traditionen geprägt (BLUMENBERG 1957), die nicht einf

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