Pernilla Oder Warum Wir Nicht In Den Sauren Apfel Beißen .

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Leseprobe aus:Silke SchlichtmannPernilla oder Warum wir nichtin den sauren Apfel beißen musstenMehr Informationen zum Buch finden Sie aufwww.hanser-literaturverlage.de Carl Hanser Verlag München 2016

Silke SchlichtmannPernilla

Silke SchlichtmannPernillaoder Warum wir nichtin den sauren Apfel beißenmusstenMit Illustrationenvon Susanne GöhlichCarl Hanser Verlag

Für meine MutterPaula Thea Schlichtmann, geb. Kruse(1938 – 2001)Natürlich gibt’s im Himmel Bücher.Sämtliche Personen und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden.Etwaige Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten mit realen Personenund Handlungen wären ein wahnsinniger, absolut unglaublicher Zufall.Antje Petersen, Der Apfel fiel zu weit vom Stamm,Claussen-Verlag, 2., durchgesehene Auflage, Hamburg 2016, S. 4.

Inhalt1. Kapitelin dem ich in Werner Kolsters Sarg fest-stecke, von der Katastrophe erfahre und Popcorn aufsammle 2. Kapitel9in dem Mama viel zu gut riecht, allesnoch schlimmer ist als gedacht und Osteuropa unddie Niederlande nichts erklären 3. Kapitel24in dem mein Leben nicht einfacher wird,wir keinen Regenwurm retten, aber ich begreife, dassGoslar go home ein guter Name für unsere Mission ist41 4. Kapitelin dem wir wissen, was zu tun ist, derfiese Fiete anruft und Zwanzig gute Gründe viel zu vielesind 60

5. Kapitelin dem die Praxis die Theorie besiegt undSten ein Geschenk ist 6. Kapitel76in dem ein Kopftuch zum Feuchttuchwird, Frau Ansorge für ganz Buxtehude schreit undSten Papa entdeckt 7. Kapitel90in dem wir den richtigen Frank Feindtfinden, Bestattungsansorges Erfolg ein Rätsel bleibtund eine Maus wiederauftaucht 8. Kapitel103in dem wir Branntreis essen, der Harzruft und Mama nicht lügt – oder vielleicht doch117 9. Kapitelin dem Lars Sargbaukurse empfiehlt,das Buxtehuder Tageblatt eine Mütze zeigt und Ernieund Bert die falschen Namen haben 10. Kapitel134in dem Otto seine letzte Ruhe findet,unsere Mission eine Pause einlegt und der Harz vielbesser als erwartet ist 152

11. Kapitelin dem wir in die Finkenstraße fahren,über Mütze und Schützenfest nachdenken und dieMüslischale kaputt bleibt 12. Kapitel167in dem Schwarz nicht die wichtigsteFarbe ist, Sten auf Joghurtbechern trommelt und wirauch ansonsten planlos bleiben 13. Kapitel182in dem Frau Miller zwei gute Fragenstellt, Bestattungsansorge auch ein Problem hat undLars auf Zwackelmanns Hilfe setzt 14. Kapitel193in dem wir über Halloween und Müt-zen reden, Fellfüße verstecken und an einen Fisch laden erinnert werden 15. Kapitel211in dem der kleine Hobbit das Buxte huder Tageblatt erobert, Fietes Oma stirbt und ichSenfgläser von Schnecken befreie 227

16. Kapitelin dem wir das Bad putzen, FrankFeindt Hilfe braucht und der fiese Fiete Unglaub liches erzählt 17. Kapitel238in dem Mama und Papa einen Plan Bhaben, wir Gummibärchen essen und das Geheimnisvon Papas Vollrausch zu lüften beginnen 18. Kapitel250in dem Onkel Hinrich weiß, was nie-mand weiß, Papa plötzlich gerührt ist, Lars einen neuen Vorschlag macht und wir endlich wieder alle zusammen singen 19. Kapitel264in dem Ole eine letzte Liste schreibt,Fiete mich küsst und wir den dreihundertersten Tagerwischen 274

1.Kapitel in dem ich in Werner Kolsters Sarg feststecke,von der Katastrophe erfahreund Popcorn aufsammle»Die meisten Leute wissen gar nicht, wie schön es ineinem Sarg ist«, sagt Opa Albert immer. Das kommt,weil sie sich erst sehr spät in ihrem Leben hinein legen. Also genau genommen machen sie das dannschon nicht mehr selbst, sie werden hineingelegt, weilsie bereits tot sind, und deshalb bekommen sie auchnicht mehr mit, wie toll es in so einem Sarg ist.Ich habe das schon früh mitbekommen. Ich heißePernilla, ich bin acht Jahre alt, und mein Papa ist Bestattungsunternehmer, deshalb kenn’ ich mich mitSärgen aus.Als ich es erfuhr, das, was ich euch erzählen will, dalag ich gerade mit Ina in Werner Kolsters Sarg. Aberplötzlich fand ich es darin gar nicht mehr so toll. Weilich nämlich durch den Deckel hindurch hörte, wasMama zu Papa sagte: Dass wir umziehen würden.9

Umziehen mussten. Und das, obwohl keiner von unsdas wollte.Wir hatten Montag, den ersten Schultag nach denHerbstferien. Eigentlich hatte der Tag richtig gut angefangen. Papa tropfte beim Frühstück der Honig vomBrot auf die Tischkante und von da haarscharf an seinem Hosenbein vorbei direkt auf den Küchenboden.Das muss man erst einmal so schaffen. »Nun ja«, murmelte Papa und guckte ratlos nach unten. Aber dannwurde seine Stimme wieder fest: »Eigentlich machendie Bienen den Honig ja auch gar nicht für uns Menschen.« Und als hätten sie nur auf diese Worte gewartet, flitzten Ernie und Bert los, unsere beiden Wüstenrennmäuse, die gerade mal wieder aus ihrem Käfigausgebrochen waren. Schwuppdiwupp war der Honig verschwunden. Ernie sah schon richtig dick aus,und auch Bert fraß zu viele Reste. Aber immerhin:Niemand musste den Boden wischen, Papa musstesich nicht umziehen, und Mama hatte gar nichts mitgekriegt. Besser hatte ich Papa noch nie kleckern gesehen.Auch Lars und Ole waren das ganze Frühstücküber richtig nett zueinander. Sie haben sich jedenfallsnicht um das Honigglas gekloppt, sich nicht mitMilch bespritzt und auch kein einziges gemeinesWort zueinander gesagt. Genau genommen kam Lars10

überhaupt erst in die Küche, als Ole schon wiedernach oben verschwunden war.Und selbst Sten schleuderte an diesem Morgen seinen Kopf nicht im Hundertstelsekundentakt hin undher, um seinem Frühstücksbrei zu entkommen. Erjuchzte »Maum, Maum«. Er hatte Ernie und Bert beimHonigschlecken entdeckt. Begeistert ließ er einen Löffel Haferflocken-Bananen-Brei nach dem nächsten aufden Boden klatschen. Und seinen Milchbecher kippteer nur ein Mal und erst ganz am Ende des Frühstücksum; normalerweise macht Sten beim Milchbecherumkippen nie etwas unter der Zahl Drei.Und Mama? Mama legte bei alldem ihre Stirn nicht11

das kleinste bisschen in Falten. Konzentriert schautesie sich die Todesanzeigen im Buxtehuder Tageblatt an.Bestimmt hatte sie Ohropax in den Ohren.Wir hatten also ein richtig friedliches Frühstück, sowie Mama und Papa sich das immer wünschen. Deshalb konnte ich auch einfach aus dem Fenster gucken.Das mache ich sehr gern. Gerade fuhr draußen einTrecker vorbei, ganz langsam, mit einem Anhängermit lauter Apfelkisten drauf. Der Bauer vorn am Lenkrad hatte eine lila-gelb gestreifte Mütze auf und schaute zu unserem Haus herüber. Irgendwie sah er unzufrieden aus – vielleicht wegen der Stopp-Poller auf derStraße und weil gerade drei Äpfel hinuntergefallenwaren oder weil er jemanden beerdigen lassen wollte.Ich überlegte noch, was wahrscheinlicher war, da riefMama schon: »Herrje, ihr müsst jetzt in die Schule.«

In der Schule habe ich Ina wiedergesehen. Ina ist meine allerbeste Freundin und ich bin ihre, das weiß ichgenau. Letztes Jahr ist sie sogar sitzen geblieben. Nurdeshalb gehen wir jetzt zusammen in die dritte Klasse.Ina ist sehr schlau.Nachmittags nach dem Hort durfte Ina noch mitzu mir nach Hause kommen. Und da passierte es. Ichmeine, da erfuhr ich es, das mit unserem Umzug.Ina und ich spielten gerade zusammen mit Ole Verstecken, in unserer Hausschreinerei. Dort baut Papadie Särge, zusammen mit Volker und Kai, aber die waren schon nicht mehr da, Volker und Kai meine ich.Ich hatte sie lange nicht mehr gesehen. Ole rief: »Veunundnierzig, zünffig – kich oooooomme.« Auf demHeimweg vom Hort hatten Ina und ich mit ›Such babenstalat‹ begonnen. Das macht richtig Spaß. AlsOle uns hörte, war er sofort mit von der Partie, er istzwei Jahre älter als ich und wahnsinnig schnell beidiesem Salat. Jetzt konnte er gar nicht mehr aufhörendamit.Für das Zählen hatte er aber doch etwas länger alssonst gebraucht. Zum Glück, sonst hätten wir es niegeschafft. Ina und mir war es erst mit Oles Kich-oooom me-Schrei gelungen, den schweren Deckel von innenwieder draufzusetzen. Das kam, weil Ina am Anfangso viel geredet hatte. Völlig durchgeschwitzt und außer13

Puste sanken wir auf das Kissen zurück, das in demSarg lag, der mal für Werner Kolster vorgesehen war.Werner Kolster war dick gewesen, nur deshalb passten Ina und ich überhaupt nebeneinander in den Sarg.Warum Werner Kolster den Sarg dann doch nicht bekommen hatte, wusste ich gar nicht mehr genau, obwohl Mama und Papa ewig drüber gesprochen hatten.Ich glaube, irgendwie war Werner Kolster am Endedann noch dicker gewesen als gedacht. Wir horchten.Ich wartete auf Oles quietschende Turnschuhe. Inarückte näher an mich heran, vielleicht fand sie es indem Sarg nicht so richtig toll. Oma Hilde sagt immer:»Jeder hat so seinen Schwachpunkt.«Statt quietschender Turnschuhe hörte ich jetztschwere Schritte, sie gingen an uns vorbei und blieben stehen. Ina begann neben mir zu zittern, beruhigend drückte ich ihren Arm. Schließlich war das dochbloß Papa. Aber was wollte er eigentlich hier? Vorsichtig drückte ich mit beiden Händen den Sarg deckel hoch und linste durch den Spalt. Papa saß ganzhinten in der Ecke, auf unserem einzigen Billigsarg,und machte – nichts. Wollte er sich hier etwa ausruhen, zwischen all den Särgen? Wir haben da ja nichtmal einen Fernseher.»Haaaaannes?« Das war Mama.»In der Schreinerei!«, rief Papa zurück und stand auf.14

Leise senkte ich unseren Deckel wieder ab. Ina atmete schwer.»Was machst du denn hier?« Na klasse, jetzt standauch Mama in der Schreinerei. Nie würden wir un bemerkt aus unserem Versteck kommen. Wenigstensfragte Mama genau das, was auch ich wissen wollte.Nur leider wartete sie Papas Antwort gar nicht ab, sondern redete gleich weiter: »Frau Claussen hat angerufen. Frank Feindt hält an seiner Verleumdungsklagefest. Wenn er damit durchkommt, verschlingt das vielleicht alles Geld, was ich je verdient habe. Hätte ich dieses verfluchte Apfelbaumbuch nur nie geschrieben!«Mama ist Regionalthrillerautorin, Frau Claussenist die Chefin vom Claussen-Verlag, in dem MamasBücher erscheinen, und Mamas letzter Roman heißtDer Apfel fiel zu weit vom Stamm. Das alles wusste ich.Den Rest aber verstand ich gar nicht, nur dass es umviel Geld und nichts Gutes ging.15

»Ganz ruhig, Antje, so schnell geht das mit einerKlage nie.«»Hast du eine Ahnung«, sagte Mama, aber in einemTon, als sei sie sich sicher, dass Papa absolut keine Ahnung habe. Dann fragte sie: »Hat denn wenigstensbei dir heute jemand angerufen?«»Nein«, sagte Papa.»Verdammter Mist. Das kann doch gar nicht sein.Himmelherrgottnochmal«, sagte Mama, was ich merkwürdig fand. Uns erklärt sie nämlich immer, dass mannicht fluchen soll.»Nun ja«, sagte Papa. »Es will eben nicht jeder vonmir beerdigt werden.«»Nicht jeder?« Mama wurde lauter: »Hannes, du bistlustig, seit drei Monaten hast du praktisch niemandenmehr unter die Erde gebracht. Da war doch nur dieseFrau Gröbmeier, die keiner kannte, die aus Bayern hergezogen war und wo – soweit ich weiß – immer nochnicht klar ist, wer das Ganze eigentlich zahlt.« Mamastöhnte, als müsste sie Werner Kolsters Sarg samt Inhaltganz allein hochstemmen. Da hörte ich auf einmal einleises Ääh, Ääh. Das hieß, auch Sten war hier, inmittenall der Särge. So macht er nämlich immer, wenn er aufwacht. Wahrscheinlich hatte Mama ihn im Tragetuchund stöhnte nur deshalb, weil Sten ja schon richtigschwer ist; er war bereits ein ganzes Jahr auf dieser Welt.16

Da krallte Ina ihre Hand in meine. Sie hatte mitunserem Versteck wohl wirklich ein Problem.»Also, es gab auch noch den Herrn Brandstätter.Und es sind erst zweieinhalb Monate«, sagte Papa. Ichkonnte genau hören, wie er dabei guckte – als ob allesgar nicht so schlimm wäre. Er wollte Mama beruhigen, das war klar. Dabei hatte sogar ich in der Dunkelheit von Werner Kolsters Sarg inzwischen begriffen,dass es hier um etwas ging, was nicht so leicht zu beruhigen war.»Hannes, wenn das so weitergeht, werden wir verkaufen müssen. Haus. Schreinerei. Alles. Vielleichtmüssen wir umziehen. In eine kleine Wohnung. Himmel, wie bringen wir das nur den Kindern bei?«Wie bitte? In meinem Bauch blubberte es, dabei hatte ich seit Stunden nichts getrunken. Was hatte Mamagesagt? Umziehen? Wer sollte umziehen? Wer wollteumziehen? Ich auf keinen Fall. Am liebsten wäre ichdirekt aus dem Sarg gesprungen.Und Ina wollte offensichtlich auch nur noch raus.Ohne jede Vorwarnung drückte sie den Sargdeckelhoch. Sofort riss ich ihre Hand wieder runter undhielt sie fest. Mama und Papa durften uns doch nichtsehen.»Tschang!« So klingt ein Sargdeckel, wenn er wieder auf den Sarg zurückknallt.17

»Was war das, Hannes?«, hörte ich Mama fragen.»Nun ja«, räusperte sich Papa. »Hörte sich an wieein Sargdeckel, der angehoben wurde und dann wieder auf den Sarg zurückgefallen ist. Fragt sich nur,welcher Sarg das war.«»Haben, haben«, rief Sten. Jetzt war er also richtigwach. Womöglich streckte er noch die Arme in Richtung unseres Sarges aus.Ina neben mir atmete schwer. Aber dann warenzum Glück endlich doch noch die quietschendenTurnschuhe zu hören. »Pama, Mapa, ir mist pas wassiert. Kie Düche. Schommt knell!«Danke, Ole! Mama und Papa würden uns dochnicht entdecken. Dachte ich. Aber da wusste ich ebennoch nicht, dass Mama und Papa nicht sofort in dieKüche rannten, weil sie Ole nämlich gar nicht verstanden hatten. Und ich wusste auch noch nicht, dassIna nicht mehr warten konnte. Mit einem Ruck risssie ihre Hand aus meiner, stemmte – diesmal mit beiden Händen – den Sargdeckel komplett hoch, der sofort zur Seite wegrutschte und mit einem schwerenRummmmms auf den Boden knallte. Dann setzte siesich aufrecht hin. Ich selbst blieb lieber noch liegen.Hätte ja sein können, dass Mama und Papa mich sonicht sahen.»Pernilla!«18

Hätte sein können, war aber nicht.»Pernilla, was fällt dir ein, Ina in den Sarg zu stecken?«»Entschuldigung, Frau Petersen, das war meineIdee. Pernilla wollte erst gar nicht«, sagte Ina. Und daran konnte man mal wieder sehen, dass sie meine allerbeste Freundin ist. In Wirklichkeit war ich es nämlich, die Ina hatte überreden müssen.Und dann ging’s richtig los. Von wegen, dass wirdoch nicht in der Schreinerei spielen sollten. Dass wirdas doch wüssten. Spätestens seit Ole im Frühling einSargdeckel so blöd runtergerutscht war, dass die Zierleiste hinterher eine Riesenmacke hatte. Niemandwollte den mehr haben.Rasch setzte ich mich auf und schielte nach untenauf Werner Kolsters Sargdeckel. Der sah noch ganzokay aus. Aber letztendlich war mir das eh egal.»La, La«, rief Sten da. Er hatte mich entdeckt undlachte mich an. Noch einmal: »La, La.« Für einenMoment konnte ich Mamas Geschimpfe überhören.Zum allerersten Mal sagte Sten meinen Namen. Undniemand außer mir hatte es bemerkt. Ich lächeltemeinem kleinen Bruder zu.»Und was redest du eigentlich für ein Kauderwelsch?«, fuhr Mama jetzt Ole an, bevor sie endlicheine Pause machte.19

»Siewo Wauderkelsch?« Ole grinste. Leider verpasster manchmal den richtigen Zeitpunkt, um aufzuhören.Doch bevor Mama sich darüber aufregen konnte,brach es erst einmal aus mir heraus: »Mama, wasmeinst du eigentlich mit Umziehen?« Ich musste eseinfach fragen.Ole schaute mich verwundert an, Ina auch, vielleicht hatte sie in ihrer Sargangst das Gespräch zwischen Mama und Papa gar nicht mitbekommen. UndMama guckte, als hätte ich heimlich sechs Särge umdie Ecke gebracht. Sie sagte nichts.Dafür ergriff Papa jetzt das Wort: »Pernilla, du hilfstOle, die Küche aufzuräumen.« Er hatte Ole also dochverstanden. »Was auch immer da passiert sein mag,bringt es in Ordnung. Dann deckt ihr den Abendbrottisch und verhaltet euch für den Rest des Tages ruhig.«In der Küche sagte Ole: »Wich ollte Mopcorn pachen.«»Das ist jetzt nicht mehr lustig«, sagte ich, denn irgendjemand musste Ole das mit dem richtigen Zeitpunkt ja mal klarmachen. Und da erklärte Ole Inaund mir buchstabensalatfrei, dass er versucht hatte,Popcorn zu machen. Weil Mama und Papa doch Popcorn lieben und weil er mitbekommen hatte, dassPapa und Mama in der Schreinerei waren und er sie20

da schnell rauslotsen wollte, damit Ina und vor allemich keinen Ärger kriegten. Aber Ole hatte zum erstenMal Popcorn gemacht und nicht gewusst, dass maneinen Deckel auf den Topf tun muss. Und als er gemerkt hatte, dass man das muss, hatte er keinen Deckel gefunden. Und jetzt krochen Ina, Ole und ich aufdem Fußboden herum und sammelten alle Popcornkörner einzeln ein. Und sogar Lars, der gerade vomFußballtraining zurückkam, half uns. Das meiste Popcorn steckte er allerdings in den Mund.Und da erzählte ich es. Alles, was ich gehört hatte.Und begann zu weinen. Weil ich nicht umziehen wollte. Weil doch niemand das wollte. Und weil es dannBlödsinn wäre, es trotzdem zu tun. Und vor allem21

weinte ich, weil ich wusste, dass manchmal auchBlödsinn passiert.Sofort hörte Lars auf, Popcorn zu essen. Er schautemich an, mit diesem Blick, der selbst eine Maus imMaul einer Katze davon überzeugen könnte, dass sienoch lange zu leben hätte. Und sagte: »Pernilla, soschnell zieht niemand um. Ich google nachher gleich,was in der Bestattungsbranche so los ist und was Verleumdungsklagen eigentlich sind. Das kriegen wirschon hin.« Manchmal ist es richtig gut, einen ganzgroßen Bruder zu haben; Lars war bereits fünfzehnJahre alt.»Genau«, Ole krabbelte unter dem Tisch durch diePopcornreste zu mir, »mit einem richtig guten Plankriegen wir das in den Griff, Pernilla. Keine Sorge, ichdenke mir gleich heute Abend einen aus. Versprochen.«Da hörte ich auf zu weinen. Und begann zu hoffen.Denn wenn Lars und Ole, die sich sonst schon umeine einzige Salamischeibe so sehr stritten, dass sicham Ende nur Ernie und Bert freuten, wenn mein großer großer Bruder und mein kleiner großer Brudereinmal sofort und ohne irgendwelche Tricks einerMeinung waren, dann würde es vielleicht wirklich alles gar nicht so schlimm werden.Es klingelte an der Haustür. Ina wurde abgeholt.22

»Eigentlich war es toll, das Sargversteck«, flüsterte siemir zum Abschied zu. »Nächstes Mal halte ich ganzlange aus.«

2.Kapitel in dem Mama viel zu gut riecht,alles noch schlimmer ist als gedachtund Osteuropa und die Niederlandenichts erklärenAls Mama am nächsten Morgen mit Sten auf demArm in die Küche kam, duftete sie nach Zitronengras.Das ist immer ein gutes Zeichen. Also bisher war esdas jedenfalls. Darum freute ich mich auch und beschloss, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt war: Ichwürde Mama noch einmal fragen.24

Da wusste ich eben noch nicht, dass es auch Tage gibt,an denen selbst gute Zeichen nicht mehr helfen.Mama setzte Sten in den Tripp-Trapp-Stuhl. Stenstreckte den Oberkörper und die Arme so weit nachvorne auf den Tisch, als wolle er sich selbst in einenGiraffenhals verzaubern. Vielleicht wird mein kleinerBruder mal Magier. So wie dieser David Copperfield.Das wäre toll. Der war mal ein ganz berühmter Zauberer, als Mama und Papa noch jung waren. Neulichgab’s im Fernsehen die Wiederholung einer seinerZaubershows, die haben wir alle zusammen angeguckt. Mama und Papa haben extra den Fernseher ausdem Keller hochgeschleppt. Denn eigentlich ist unser Haus ja seit eineinhalb Jahren fernseherfrei. Weildie Kinder von Mamas bester Freundin Petra, seit sieauf der Waldorfschule sind, nicht mehr so schlechteNoten haben wie Lars und Ole. Das kommt, weil sienicht mehr durchs Fernsehen verblöden – sagt Petra.Ich glaube, es liegt einfach daran, dass es auf der Waldorfschule gar keine Noten gibt.Jedenfalls ließ sich dieser David Copperfield anHänden und Füßen auf eine große Platte fesseln, diedann zugedeckt und auf einem Schlauchboot angebracht wurde. Und dann hatte er eine Minute Zeit,sich zu befreien, was er aber nicht schaffte. Also wurdedas Ganze die Niagarafälle hinuntergeschickt. Und25

die sind wirklich irre, da geht es ganz schnell ganz tiefrunter. Vom bloßen Zugucken wurde mir schon richtig übel. So was überlebt kein Mensch. Und ich hatteecht Angst um diesen David Copperfield. War eigentlich klar, dass der tot ist. Aber dann kam plötzlich einHubschrauber angeflogen, an dem ein Seil hing. Undan dem Seil hing der Copperfield. Also wenn Stennach David Copperfield kommt, dann ist bestimmtauch Friederike bald wieder da. Friederi

8. Kapitel in dem wir Branntreis essen, der Harz ruft und Mama nicht lügt – oder vielleicht doch 117 9. Kapitel in dem Lars Sargbaukurse empfiehlt, das Buxtehuder Tageblatt eine Mütze zeigt und Ernie und Bert die falschen Namen haben 134 10. Kapitel in dem Otto seine letzte Ruhe findet, unsere Miss

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