Maßnahmen Zur Reduzierung Von Lebensmittelverschwendung Im - Und .

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Maßnahmen zur ReduzierungLebensmittelverschwendung imGroß- und EinzelhandelLeitfaden und InspirationIn Zusammenarbeit mit:von

ProjektförderungDie Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung undLandwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. DieProjektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) imRahmen des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen g Centre on Sustainable Consumption and Production gGmbH (CSCP)Hagenauer Str. 30 42107 Wuppertalwww.scp-centre.orgAutorinnenLea Leimann, Jana BrauerAnsprechpartnerinNora Brüggemann (Projektkoordinatorin)Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production gGmbH (CSCP)Hagenauer Str. 30 42107 WuppertalTelefon: 49 (0)202 / 459 58 – 25E-Mail: handelsforum-rlv@scp-centre.orgWuppertal, Dezember 20202

Inhaltsverzeichnis1.EINLEITUNG . 42.VERBINDLICHE MAßNAHMEN. 82.1.Weitergabe von verkehrsfähigen Lebensmitteln . 92.2.Erfassung von Lebensmittelabfalldaten und Verbesserung der Datenlage . 103.WAHLPFLICHTMAßNAHMEN . 113.1.Maßnahmen an den Schnittstellen zu Ihren Lieferanten. 123.1.1.Verkauf von Obst und Gemüse mit "Schönheitsfehlern" . 123.1.2.Verbesserung der Zusammenarbeit im Umgang mit Retouren . 133.1.3.Förderung von Verpackungsinnovationen zur Verbesserung der Haltbarkeit vonProdukten. 143.1.4.Optimierung der Prozess-, Logistik- und Kühlkette, beispielsweise durch(verstärkte) Einbindung von Lieferanten in Warenwirtschaftssysteme . 163.2.Interne Markt-Maßnahmen . 183.2.1.Preisreduzierter Verkauf von Waren mit knappem MHD und von Ultrafrischwaren(Brot, Obst und Gemüse) zum Ladenschluss . 183.2.2.Nachfrageorientierte Auffüllung des Frischwarenangebots besonders zufrequenzschwachen Tageszeiten . 193.2.3.Integration des Themas "Reduzierung von Lebensmittelverschwendung" inSchulungen bzw. sonstigen Informationen für Mitarbeitende . 203.2.4.Maßnahmen zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Reduzierungvon Lebensmittelabfällen in der Kundenkommunikation. 213.3.Verbesserung der Weitergabe. 233.3.1.Innovative Demonstrations- und Modellvorhaben mit Start-Ups zur besserenVerwertung von Lebensmitteln . 233.3.2.Etablierung und Weiterentwicklung von Prozessroutinen bei der Bereitstellungund Abholung von Produkten, beispielsweise mit Hilfe digitaler Technologien. 253.3.3.Finanzielle Unterstützung zum Aufbau bzw. zur Verbesserung der Infrastrukturder sozialen Einrichtungen . 263.3.4.Verbesserung der Qualitätssichtung von Produkten . 273.3.5.Weitere denkbare Maßnahmen . 284.QUELLENANGABEN. 293

1. Einleitung4

Dieser Handlungsleitfaden richtet sich an Groß- und Einzelhändler*innen, um mit konkretenBeispielen und Inspirationen die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung in Deutschlandzu unterstützen.HintergrundIn Deutschland entstehen rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle im Jahr (Schmidt hung vonNachhaltigkeitsziel(SustainableDevelopment Goal, SDG) 2.3. darauf ab, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung inDeutschland pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene zu halbieren und die entlangder Produktions- und Lieferkette entstehenden Lebensmittelabfälle einschließlichNachernteverlusten1 zu verringern. Das würde auch bedeuten, gleichzeitig aktivenRessourcen- und Klimaschutz zu betreiben, u.a. durch positive Landnutzungsänderungen inForm von Umwandlung möglicherweise nicht mehr benötigter Ackerflächen in Grünflächen(WBAE 2016).Die Unternehmen des Groß- und Einzelhandels arbeiten bereits seit Jahren erfolgreich daran,Lebensmittelverschwendung im eigenen Verantwortungsbereich möglichst gering zu halten.Darüber hinaus kann der Groß- und Einzelhandel zudem einen wichtigen Beitrag zurReduzierung der Lebensmittelverschwendung entlang der Lebensmittelversorgungsketteleisten.Mit der Beteiligungserklärung 2020–2022 am Dialogforum Groß- und Einzelhandel gehenUnternehmen des Groß- und Einzelhandels mit einem guten Beispiel voran, indem sie nebenzwei verpflichtenden Maßnahmen auch mindestens vier weitere Wahlpflichtmaßnahmenumsetzen. Dabei geht es zum einen darum, das bestehende Optimierungspotenzial in deneigenen Betrieben und Märkten noch weiter auszuschöpfen. Zum anderen raucher*innensowiezurLebensmittelerzeugung und -verarbeitung auf Verbesserungen zu gedacht,die Umsetzung der in derBeteiligungserklärung erwähnten Maßnahmen zu unterstützen. Dabei richtet sich derLeitfaden sowohl an den Groß- als auch den Einzelhandel und differenziert nicht zwischen derUmsetzbarkeit in der Zentrale oder in der Filiale (eine entsprechende Aufschlüsselung findetsich allerdings in der Tabelle auf der nächsten Seite, um eine Übersicht zu geben). Maßnahmenwerden jeweils an der Schnittstelle zu Lieferanten, intern im Markt und an der Schnittstelle zuKonsument*innen, sowie bei der Weitergabe von Lebensmitteln betrachtet.Ziel des Dokumentes ist es, mit Bezug zur Beteiligungserklärung sowohl bestehende undbereits im deutschen sowie ausländischen Handel etablierte Maßnahmen, als auchinnovative Ideen aus der Nische aufzuzeigen. Mit einer Raketewird dargestellt, welcheMaßnahmen innovativ sind und bisher noch von wenigen Handelsunternehmen durchgeführtwerden. Der erklommene Wipfelzeigt die Maßnahmen, die schon von vielen Unternehmenumgesetzt werden. Weiterführende Informationen können per Hyperlink auf den jeweiligenUmsetzungsbeispielen aufgerufen werden.Die exemplarisch aufgelisteten Ansatzpunkte und Lösungsbeispiele zur Reduzierung vonLebensmittelabfällen auf Unternehmensebene können selbstverständlich (vor allem ausPlatzgründen) nur einen kleinen, unvollständigen Ausschnitt des bisherigen Engagementsdarstellen – werden Sie weiterhin darüber hinaus selbst kreativ!Des Weiteren soll darauf hingewiesen sein, dass trotz der deutlich positiven Auswirkungen aufdie Reduzierung von Lebensmittelverschwendung berücksichtigt werden muss, dass dieAls Nachernteverluste gelten Reinigungs- und Trocknungsverluste oder Schädlings- und Krankheitsbefall während des Transportsoder im Lager. Nicht inbegriffen sind gar nicht erst in den Lebensmittelkreislauf gelangende Agrarprodukte, die z.B. als Futtermitteloder zur Energieerzeugung genutzt werden oder von vornherein als Dünger auf dem Feld bleiben, sowie Produkte, die wegenAnforderungen des Handels nicht in den Verkauf gelangen (WWF 2015).15

aufgelisteten Lösungsansätze unterschiedliche Wirkungen haben, zu denen aber im Rahmendieses Leitfadens keine Aussage getroffen wird. Bei zukünftigen Überlegungen sollte in dieEntscheidungsfindung aber neben dem kurz-, mittel- sowie langfristigen Einsatz auch folgendePrämisse der im Rahmen des REFRESH Projekts propagierten „Food Use Hierarchy“ miteinbezogen werden: der vorsorglichen Vermeidung von Nahrungsmittelüberschüssenbereits an der Quelle sollte Priorität vor Weiterverteilung, Weiterverarbeitung undthermischer Verwertung zukommen.Abnehmende PrioritätSichere und nährstoffreiche Lebensmittel für die menschliche ErnährungVermeidung und Reduzierung von Lebensmittelüberschüssenan der QuelleWeitergabe und Weiterverarbeitung vonÜberschüssen für die menschliche ErnährungVerwendung als TierfutterRecycling stierung, Haustierfutter, Biomaterialund andere industrielle Nutzungen,Energieproduktion, Biogas, Verbrennunginkl. EnergiegewinnungDeponie, Abwasser, Verbrennungohne EnergiegewinnungAbbildung 1: The food use hierarchy nach Wunder et al., (2018) übersetzt und bearbeitetDieser Handlungsleitfaden soll Groß- und Einzelhändler*innen dabei unterstützen, dieLebensmittelverschwendung in ihren Unternehmen weiter zu reduzieren und dazuinspirieren, noch weitere wirkungsvolle Maßnahmen erfolgreich umzusetzen.6

Differenzierung der Maßnahmen in Zentrale und FilialeDie folgende Tabelle stellt dar, welche Akteure bei der Umsetzung einer Maßnahme vor allemgefragt sind. Die meisten der Maßnahmen müssen vermutlich durch die Firmenzentraleangeordnet werden, gleichzeitig erfolgt die Umsetzung vieler der Maßnahmen eher in denFilialen. Ein Kreuz in Klammern bedeutet, dass eine Einbeziehung notwendig ist, aber dieHauptverantwortung der Umsetzung an anderer Stelle liegt.MaßnahmeZentraleFilialeWeitergabe von verkehrsfähigen Lebensmitteln(X)XErfassung von Lebensmittelabfalldaten und Verbesserung der DatenlageXXVerkauf von Obst und Gemüse mit "Schönheitsfehlern"X(X)Verbesserung der Zusammenarbeit im Umgang mit RetourenXXFörderung von Verpackungsinnovationen zur Verbesserung der Haltbarkeitvon ProduktenXOptimierung der Prozess-, Logistik- und Kühlkette, beispielsweise durch(verstärkte) Einbindung von Lieferanten in WarenwirtschaftssystemeXVerbindliche MaßnahmenWahlpflichtmaßnahmenMaßnahmen an den Schnittstellen zu Ihren LieferantenInterne Markt-MaßnahmenPreisreduzierter Verkauf von Waren mit knappem MHDUltrafrischwaren (Brot, Obst und Gemüse) zum Ladenschlussundvon(X)Nachfrageorientierte Auffüllung des Frischwarenangebots besonders zufrequenzschwachen TageszeitenXXIntegration des Themas "Reduzierung von Lebensmittelverschwendung" inSchulungen bzw. sonstigen Informationen für MitarbeitendeX(X)Maßnahmen zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung fürReduzierung von Lebensmittelabfällen in der KundenkommunikationXXInnovative Demonstrations- und Modellvorhaben mit Start-Ups zur besserenVerwertung von LebensmittelnX(X)Etablierung und Weiterentwicklung von Prozessroutinen bei der Bereitstellungund Abholung von Produkten, beispielsweise mit Hilfe digitaler TechnologienX(X)Finanzielle Unterstützung zum AufbauInfrastruktur der sozialen EinrichtungenXdieVerbesserung der Weitergabebzw.Verbesserung der Qualitätssichtung von ProduktenzurVerbesserungderXX7

2. Verbindliche Maßnahmen8

2.1. Weitergabe von verkehrsfähigen LebensmittelnÜberschüssige Lebensmittel werden in Deutschland in erster Linie über soziale Einrichtungenwie z.B. die Tafeln sowie andere inverkehrbringende Einrichtungen, wie z.B. durch dieOrganisationen im Bündnis Lebensmittelrettung, weitergegeben.Sehr viele Handelsunternehmen kooperieren bereits mit den Tafeln oder anderenInverkehrbringern – bisweilen ist jedoch aus verschiedenen Gründen selbst bei einer formellenKooperation die Durchführung in allen Filialen nicht zwangsläufig garantiert. In Kapitel 3.3finden Sie Anregungen, wie Sie mögliche Hürden überwinden und die Weitergabeprozesseoptimieren können.Herausforderungen und LösungsansätzeDie Beteiligungserklärung sieht eine flächendeckende Umsetzung der Weitergabe vor, konkreteinen Abdeckungsgrad von 80% der Lebensmittelgeschäftsstandorte.Die lokale Verfügbarkeit von inverkehrbringenden Einrichtungen ist für das Gelingen derWeitergabe essentiell, was insbesondere im ländlichen Raum bisweilen schwierig sein kann.In manchen Regionen ist daher der Punkt „Finanzielle Unterstützung zum Aufbau bzw. zurVerbesserung der Infrastruktur der sozialen Einrichtungen“ (siehe Kapitel 3.3.3) derWahlpflichtmaßnahmen eine nötige Voraussetzung.Auch ist zu beachten, dass die Herausforderungen für Großhandelsunternehmen sich in derPraxis vom Einzelhandel unterscheiden. So können beim Großhandel Großgebinde einesProdukts anfallen, deren logistische Handhabung (Stichwort Transport und möglichePortionierung) neben der Suche nach entsprechenden Abnehmern komplex ist. DasDialogforum arbeitet gemeinsam mit Inverkehrbringern an der Verbesserung derWeitergabemöglichkeiten.Obwohl Lebensmittel rechtlich gesehen generell auch über das Mindesthaltbarkeitsdatum(MHD) hinaus in den Verkehr gebracht werden dürfen, herrscht bei lebensmittelspendendenUnternehmen oft Unsicherheit über den Umgang mit sogenannter MHD-Ware. Das Dialogforumarbeitet gemeinsam mit Inverkehrbringern an der Aufklärung von Unsicherheiten bezüglichderProdukthaftung insgesamt und der Übernahme derVerantwortung beiLebensmittelspenden.Maßnahmen und UmsetzungsbeispieleKooperation mit sozialen oder „Lebensmittel-rettenden“ OrganisationenDie Tafeln sind eine gemeinnützige und spendenfinanzierte Organisation, dieüberschüssige Lebensmittel, welche noch genießbar sind, aber im Müll gelandetwären, sammelt und kostengünstig an benachteiligte Menschen verteilt.(Zusammenarbeit mit ALDI Nord, ALDI Süd, Alnatura, Edeka, Kaufland, Lidl,Marktkauf, METRO, Netto Marken-Discount, PENNY, Real, Spar, tegut, Wasgau,u.v.m.)EtablierteMaßnahmefoodsharing e.V. ist eine Internetplattform zum Verteilen von überschüssigenLebensmitteln in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mitglieder desVereins holen ehrenamtlich bei den kooperierenden Unternehmen nachLadenschluss diese Lebensmittel ab und verteilen sie weiter. (Kooperation mitAlnatura, METRO, Vollcorner, u.v.m.)Mit der Lebensmittelretter-App von Too Good To Go können Kund*innenüberschüssige Lebensmittel vor der Entsorgung retten. App-Nutzer*innen kaufenz.B. als eine vom Handel mit unverkauften Lebensmitteln gefüllteÜberraschungstüte. (Kooperation mit Alnatura, Bio Company, Denn’s Biomarkt,Kaufland, Lidl, PENNY, Real, Tegut, u.a.)9

2.2. Erfassung von Lebensmittelabfalldaten und Verbesserung derDatenlageLebensmittelabfalldaten waren bisher im deutschen Groß- und Einzelhandel aufUnternehmensebene noch lückenhaft aufbereitet. Um effiziente Lösungen mit großemVermeidungspotenzial zu entwickeln, sind diese Daten von Bedeutung.Daher beteiligten sich die Mitglieder des Dialogforums daran, im Rahmen ihrer technischenRessourcen aussagekräftige Lebensmittelabfalldaten zu erfassen und streben eineVerbesserung der Datenlage an. Mit der Aggregation, Anonymisierung und Weitergabe derDaten an das Thünen-Institut können die Unterzeichner*innen Dienstleister wie beispielsweisedas EHI Retail Institute betrauen. Vor einer Veröffentlichung werden die aggregierten undanonymisierten Ergebnisse den Unterzeichner*innen der Beteiligungserklärung vorgestelltund erläutert. Die unterzeichnenden Unternehmen beteiligen sich an den im Dialogforumgeplanten Diskussionen und Modellvorhaben zu Datenerhebungsmethoden, sowie an derentsprechenden Analyse.Herausforderungen und LösungsansätzeAuf Abschriftenbasis werden Lebensmittelabfalldaten bereits dokumentiert, doch die genaueDatenerhebung sowie Datenanalyse wird im Rahmen des Dialogforums diskutiert. VerbesserteKenntnisse über Abfälle im Unternehmen ermöglichen es, diese effizienter zu reduzieren undmögliche Hotspots anzugehen. Die Unterzeichner*innen der Beteiligungserklärung schaffendurch die Zusammenstellung ihrer Daten dafür die Voraussetzung. Durch die perspektivischeZurverfügungstellung der Daten können auch weitere Lösungen mit großemVermeidungspotenzial entwickelt werden.10

3. Wahlpflichtmaßnahmen11

3.1. Maßnahmen an den Schnittstellen zu Ihren Lieferanten3.1.1. Verkauf von Obst und Gemüse mit "Schönheitsfehlern"Sowohl Politik, Handel als auch die Verbraucher*innen stellen über Vermarktungsnormen undQualitätsstandards Ansprüche an Produktqualität und -sicherheit sowie Ästhetik von Obst undGemüse. Dabei gehen freiwillige Standards von einzelnen Handelsketten bisweilen noch überdie gesetzlichen Vermarktungsnormen hinaus.Herausforderungen und LösungsansätzeIn der Anpassung der Vermarktungspraktiken besteht Potenzial zur weiteren Reduzierung derVerschwendung von geschmacklich und gesundheitlich einwandfreien Lebensmitteln (dbu,2020). Zwei Herausforderungen sind dafür zu beachten: So besteht zum einen dieBefürchtung, dass viele Verbraucher*innen Produkte nicht kaufen, welche ihren eigenenästhetischen Ansprüchen nicht genügen. Das führt zum anderen dazu, dass der Handelbisweilen sehr wählerisch ist und den Produzenten nicht alle Produkte abnimmt.Trotz vielfacher Diskussion und Thematisierung auch in neueren Forschungsarbeiten (Schmidtet al., 2019; Runge und Lang, 2016) scheinen valide und flächendeckende Zahlen undUntersuchungen speziell zum Einfluss der Vermarktungsnormen und der Rolle des Handelsnoch zu fehlen. Allerdings wird angenommen, dass Abweichungen der Unternehmen vonfestgelegten Normen/ Standards auch die Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ohnejegliche Mängel hinsichtlich Ernährungsqualität und -hygiene erschweren bzw. verhindern.Zudem wird in der Praxis ein vermehrter Einsatz von klima-und umweltschädigendenMaßnahmen beobachtet, um den ästhetischen Ansprüchen gerecht zu werden (Ebert et al.,2020).Um Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ist bei alledem ein Dialog zwischen denInteressengruppen unerlässlich, in dem die Verwendung und die Notwendigkeit vonStandards,Regeln,Qualitätsvorgabenund Gewohnheitensowie AspektedesVerbraucher*innenschutzes und der Lebensmittelsicherheit kritisch diskutiert werden (Göbelet al., 2015). Gleichzeitig könnten so auch umwelt- und klimarelevante Aspekte besserverdeutlicht werden.Maßnahmen und Lösungsansätze in HandelsunternehmenLockerung der Vorgaben an Lieferanten von Seiten des LEHSeit April 2016 vermarktet PENNY deutschlandweit Bio-Obst und -Gemüse, dasäußerlich nicht immer makellos ist, als „Naturgut Bio-Helden“. Die Bio-Heldenwerden beigemischt und nicht separat verkauft. ALDI SÜD bietet seit Herbst2017 Äpfel und Karotten der Klasse II als „Krumme Dinger“ an; HOFER, Teil derALDI SÜD-Gruppe, seit 2018 auch Feldgurken, Zucchini, Tomaten- und PaprikaRaritäten. Bei Kaufland werden Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern als "dieetwas Anderen" extra beworben und präsentiert; bei Netto Nord als "Keiner istPerfekt" verkauft.In einem aktuell laufenden Projekt mit der Landwirtschaftskammer heEinsparpotenzialevonLebensmittelverschwendung sowie Stichstoffdünger bei Verzicht auf eigeneQualitätskriterien für Kohlrabi, Brokkoli, Salat und ionen in Verbindung mit kommunikationspolitischenMaßnahmen für Äpfel mit Schönheitsfehlern getestet.12

Verkauf von Produkten aus PermakulturReal bietet Obst und Gemüse aus Permakultur ("ungenormt und unperfekt")während ihrer natürlichen Erntezeit an. Zunächst hat real eine kleine Auswahlaus Produkten aus Permakultur ins Sortiment aufgenommen und erweitert diesenun stetig.Neue Handelskonzepte, die bereits bei der Ernte aussortiertes Obst und GemüseanbietenDer Querfeld.bio Großhandel liefert reines Bio-Obst und Gemüse, das bereitsaus ästhetischen Erwägungen bei der Ernte aussortiert wird. Sofern die Qualitätstimmt, geschieht dies unabhängig von II. Wahl, Ausschuss, Verarbeitungs-,Industrie- oder B-Ware.3.1.2. Verbesserung der Zusammenarbeit im Umgang mit RetourenIm Lebensmittelgroß- und -einzelhandel werden Waren eingekauft, gelagert undwiederverkauft. Bei der Warenübernahme und der Qualitätskontrolle (aber auch beimWarenoutput durch Reklamationen der Verbraucher*innen (Hietler und Pladerer, 2019) kannes dabei zu Retouren kommen. So dient z.B. die genaue Kontrolle bei der Warenübernahmedazu, auszuschließen, dass beschädigte oder bereits verdorbene Ware übernommen wird.Allerdings kann es auch vorkommen, dass die Standards über die Annahme und NichtAnnahme von Waren nicht ausreichend definiert, kommuniziert und vereinheitlicht sind unddaher Prozessfehler zur Nicht-Annahme führen. Manchmal unterscheiden sich aber auch dieKriterien zwischen einzelnen Filialen oder Lagern, wenn es darum geht, ob eine Lieferungangenommen oder zurückgewiesen wird. Auch Warenrückrufe wegen eines Verstoßes gegenlebensmittelrechtliche Vorschriften sind möglich. Die Rückverfolgbarkeit (sowohl bei derÜberführung als auch in der Lieferkette) eines bestimmten Produkts ist seit 2005 gesetzlichvorgeschrieben und erfordert gute und schnelle Kommunikation mit allen Partnern in der Kette(Grunow und Piramuthu, 2013; Gardas et al., 2017).Auch Praktiken, die grob von den Grundsätzen des guten Geschäftsgebarens abweichen undeinseitig von einem Handelspartner seiner Gegenpartei auferlegt werden (EC 2016, S. 2)können direkt oder indirekt Lebensmittelabfälle bedingen (Piras et al., 2018). So könnenbeispielsweise unvorhersehbare Änderungen der Vertragsbedingungen zu einerÜberproduktion führen und unnötige Lebensmittelabfälle verursachen (EC 2016b, S. 4).Herausforderungen und LösungsansätzeWie anhand der Food Use Hierarchy eingangs beschrieben und ganz im Sinne desKreislaufwirtschaftsgesetzes, sollte das primäre Ziel sein, Retouren gar nicht erst entstehenzu lassen, um aufwendigere (Zweit-)Verwertung oder Vernichtung zu vermeiden.Falls Retouren doch entstehen, können die an die Produzenten zurückgehenden Waren meistnicht weiterverwendet werden (z.B. wegen mangelnder Frische, abgelaufenem MHD oder auslizenzrechtlichen Gründen) und werden daher häufig vom Groß- und Einzelhändler entsorgt.Mit Retouren muss daher effizient und nachhaltig umgegangen werden. GuteLieferbeziehungen und schnelle Prozesse ermöglichen z.B. auch nach einer Retoure dieWeitergabe oder anderweitige Verwendung der Produkte. Der Schlüssel für den Erfolg liegtdarin, die Kooperations-, Koordinations- und Informationsaktivitäten entlang derVersorgungskette besser zu verzahnen und die jeweiligen Akteure in den Dialog darübereinzubinden (Gadde und Amani, 2016; Gardas et al., 2017; Muriana, 2017). In diesemZusammenhang wird auch zunehmend politisch gefordert, in der Produktions- undVersorgungskette noch besser zusammenzuarbeiten und damit auch die Wirkungen vonPolitiken zu unterstützen, die speziell auf die Reduzierung von Lebensmittelabfällen abzielen(Piras et al., 2018).

Maßnahmen und UmsetzungsbeispieleVerbesserte Kollaboration, Kommunikation mit allen Mitgliedern der Lieferkette undeffektive KoordinationsmechanismenDa Kund*innen der Hello Fresh Kochboxen ihre Mahlzeiten (und damit die jeweiligenZutaten) im Voraus bestellen, kann Hello Fresh gleichfalls von den Lieferantenbedarfsgerecht bestellen.3.1.3. Förderung von VerpackungsinnovationenHaltbarkeit von ProduktenzurVerbesserungderOptimale Verpackungen können die Produktfrische erhalten und die Haltbarkeit enhingegenkönnenzuLebensmittelverschwendung führen.Herausforderungen und LösungsansätzeEine große Herausforderung liegt hier im Zielkonflikt zwischen dem Anspruch, Verpackungen– vor allem aus Kunststoff – zu reduzieren, und den Erfordernissen im Hinblick auf Hygiene,Verbraucher*innen- und Produktschutz. Bei notwendigem Verpackungsbedarf sollten dahernachhaltigere Alternativen (z.B. erdöl- oder erdgasfrei hergestellt, aus nachwachsenden odersekundären Rohstoffen bestehend, rückstandsarm, leichter kompostierbar oder essbar)(Engelhardt, Brüdern und Deppe 2020) umweltschädlichere Kunststoffe ersetzen. auchdaalternativeVerpackungsmaterialien nur begrenzt und zeitweise verfügbar sein könnten und teilweise imAnbau auch zu Nutzungskonflikten mit der Nahrungs- oder Futtermittelproduktion führenkönnten.Der verbesserten Haltbarkeit von Produkten zuträglich können grundsätzlich (wieder-)verschließbare Verpackungen, luftdichte Verpackungen mit angepasster geschützterAtmosphäre, aktive Verpackungen, die eine ideale Produktatmosphäre schaffen, undintelligente Verpackungen sein.Intelligente Verpackungen geben Auskunft darüber (zum Beispiel durch Farbänderung), obsich Fremdsubstanzen in den Lebensmitteln befinden, wenn die Temperatur nicht adäquat ist(Raak et al., 2017; Verghese et al., 2015) oder ob die bisherige Lagerung optimal verlief. Zurentsprechenden Kontrolle stehen Technologien und Sensoren zur Verfügung, die für dieQualitätskontrolle von Lebensmitteln und thermische Kontrolle in Verpackungen und/oderAnlagen angewendet werden können.Bei der Weiterverarbeitung im eigenen Betrieb kann unter modifizierter Atmosphäre dieVerwendung von Verpackungen vorteilhaft sein, welche die atmosphärischen Bedingungen derbetreffenden Lebensmittel aufrechterhalten oder kontrollieren können (Jedermann et al.,2014; Verghese et al., 2015). Fleischwaren sollten zentral unter Schutzgasatmosphäreabgepackt werden (Kreyenschmidt et al. 2013).Zudem können kleinere Portionen dazu beitragen, dass Konsument*innen einebedarfsgerechte Produktmenge kaufen. Optimiertes Design und Verpackungen mit separatenFächern oder Mini-Portionen können sich ebenfalls vorteilhaft auswirken.Eine wachsende Zahl an Unverpacktläden bieten besonders bei Trockenwaren mitAbfüllmöglichkeiten eine Alternative zu Verpackungen an. Durch bedarfsorientiertes Abfüllenvon Lebensmitteln tragen sie zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bei(Smarticular, 2020). Das Konzept kann auch bei Frischwaren verhindern, dass der Inhalt einerzu großen Packung nicht rechtzeitig verbraucht wird (DUH, 2018). Inzwischen finden sichUnverpackt-Regale auch in einigen Filialen des Einzelhandels, so dass die Kund*innenunverpackte Ware zusätzlich zum verpackten Angebot einkaufen können (Tegut, 2020).14

Maßnahmen und UmsetzungsbeispieleCoating "zweite Haut"Das Coating von AgriCoat NatureSeal besteht aus natürlichen Zuckerresten,Zellulose sowie pflanzlichen Ölen und reduziert die Zellatmung und hält Früchtelänger frisch. Früchte werden mit dem dünnen essbaren Bezug besprüht odereingetaucht. (Die REWE Group testet den dünnen essbaren Überzug für Früchte)Apeel Sciences bildet eine dünne Haut aus essbarem Pflanzenmaterial auf der Schaleoder Oberfläche von Obst. Damit wird Wasserverlust und Oxidation verlangsamt, unddie Haltbarkeit des Produkts verlängert. Die Schutzschicht aus pflanzlichen Fetten(Lipide) wird aus pflanzlichem Material aus Abfällen der Lebensmittelproduktiongewonnen. (Kooperation mit Edeka und Netto als deutschen Partnern)Mehrweg statt Einweg zum Schutz der ProdukteMehrwegbehälter von IFCO Deutschland aus Kunststoff (Reusable Plastic Containers,RPCs) für Frischprodukte wie Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch, Brot, Eier undFertigprodukte können durch eine optimierte Belüftung und ein stabiles Designzur längeren Haltbarkeit von frischen Lebensmitteln beitragen.Aktive Verpackungen können das Wachstum von Keimen reduzieren oder unangenehmeAromen verhindern - und so die Haltbarkeit verpackter Lebensmittel verlängern.Fraunhofer Institut und SCA Packaging haben mit Fresh fruit eine Ethylenabsorbierende Wellpappe zur Lagerung und Verlangsamung des Reifeprozessesvon Obst gsfolienundabsorbierendeTechnologie bilden das Verpackungssystem Life . Für geschnittenes Obst oderBeeren verringert die antibakterielle Verpackung auch den Ethylen-Gehalt.Intelligente Verpackungen mit FrischeindikatorenInsigniatechnologies bietet intelligente Etiketten an, die mit Hilfe einerFarbwechseltechnologie Zeit-Temperatur-Indikatoren zur Verbesserung der Frischeund Qualität von Lebensmitteln hervorheben.Der Keep-it Indikator überwacht ständig die Temperaturen, denen ein Produktausgesetzt ist und simuliert speziell für das jeweilige Produkt die Verringerung derResthaltbarkeit im Laufe der Zeit. Wenn das Produkt dort gelagert wird, wo es warmist, bewegt sich der Indikator schnell, bei kalter Lagerung langsam. Wenn derIndikator Null anzeigt, ist das Produkt nicht mehr genießbar.Der Aufkleber U4Food der Firma Polytaksys wird auf Lebensmittelverpackungenangebracht und reagiert auf Feuchte, Temperatur und Zeit. Eine zuerstundurchsichtige Folie gibt nach und nach Bild oder Text frei, zum Beispiel«geöffnet», dann «Genieß mich», dann «Rette mich».Tools und Verfahren zur Kontrolle und Beeinflussung von rstoffperoxidzusammenmitlebensmitteltauglichen Säuren, um die Haltbarkeit von Obst und Gemüse zu15

verlängern und es zudem zu desinfizieren. Die Produkte können nach der Ernte aufdie Früchte oder auf frische Fertigsalate aufgebracht werden.3.1.4. Optimierung der Prozess-, Logistik- und Kühlkette, ranteninWarenwirtschaftssystemeDas Potenzial für Abfallvermeidung durch geschlossene Kühlketten ist groß: 35 % aller leichtverderblichen Lebensmittel weltweit landen wegen mangelhafter Kühlung auf dem Müll(Waskow et al., 2016). Ursachen können fehlerhaftes Transportequipment, aber auchPlatzgründe oder veraltete und mangelnde Kühltechnik im Lager sein. Zudem kann

Innovative Demonstrations- und Modellvorhaben mit Start-Ups zur besseren Verwertung von Lebensmitteln X (X) Etablierung und Weiterentwicklung von Prozessroutinen bei der Bereitstellung und Abholung von Produkten, beispielsweise mit Hilfe digitaler Technologien X (X) Finanzielle Unterstützung zum Aufbau bzw. zur Verbesserung der

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